Mitteilung

echte Fakten für, die die sie haben wollen

Flensburg, am 26.01.2023

Sehr geehrter Herr Stadtpräsident, 

sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Dr. Geyer, 

sehr geehrte Kolleg*innen, 

liebe Flensburger*innen, 

ich erinnere mich gut an das Jahr 2008 zurück, als unsere Wählergemeinschaft “WIR in Flensburg” als stärkste Kraft in den Rat der Stadt Flensburg einzog. Was damals kein Mitglied der Alt-Parteien glauben wollte: Wir sind gekommen, um zu bleiben. Zu unseren wichtigsten Zielen gehört es, den Haushalt der Stadt Flensburg auf tatsächlich notwendige und nachhaltige Ziele auszurichten. Wir wussten stets: Nur mit einem Haushalt, der uns Freiräume gibt, ist es der Stadt Flensburg möglich, unabhängig, frei und ohne Sparzwang darüber zu entscheiden, die wirklich wichtigen Themen für Flensburg real werden zu lassen. Was die wirklich wichtigen Themen sind, wissen nach unserer Überzeugung jedoch nicht allein die Verwaltungskollegen und auch nicht wir Mitglieder der Ratsversammlung. Die Einwohner*innen von Flensburg, wissen am Besten, was gut und wichtig für unsere Stadt ist. Was passieren kann, wenn zu viele Umsetzungen der kommunalen Selbstverwaltung von den Wünschen der Flensburger*innen abweichen, wurde uns mit der Wahl unseres neuen Oberbürgermeisters wiederholt verdeutlicht. 

Die Kommunalwahl im Mai 2023 wird dieses Bild zusätzlich schärfen, da bin ich mir sicher. 

Wenn wir den Haushalt 23/24 später abstimmen, werden wieder die meisten von uns meinen, Flensburg ist die Insel der Glückseligen. Warum? Nun ja, die Kernaussage dieses Haushaltes ist es, bezogen auf unsere Ziele: “Weiter so”, wie in den letzten 15 Jahren. Notwendigste Investitionen in Schul- und Kit-Neubauten, die halbherzige Modernisierung unserer maroden Radwege, sowie die schmerzhafte Steigerung unseres Kulturetats, zählen zu den wenigen wirklich wegweisenden und fundamental wichtigen Maßnahmen, die wir vermutlich ganz im Sinne unserer Flensburger*innen auf den Weg gebracht haben. Auf die vergangenes Jahr abzuschließende Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes, mit dem es jeder Flensburgerin und jedem Flensburger möglich gewesen wäre, weniger Lebenszeit im Rathaus verbringen zu müssen, warten wir weiterhin. 


Trotz des Erfolges des kostenfreien Busfreitags, finden wir keine weitergehende Förderung des ÖPNV in unserem Haushalt. Wie ernst ist es uns, mit dem Klimaschutz in unserer geliebten Stadt Flensburg, wenn wir gleichzeitig weiterhin kein kommunales Programm für den Photovoltaik-Ausbau auf flensburger Dächern in unserem Haushalt abgebildet bekommen? 


Die zunehmend sich abzeichnenden Folgen aus Flüchtlingskrise, Klimakrise, COVID-Krise, Ukraine- und Energiekrise bringen die Welt um uns herum in´s Taumeln. Während es um uns herum und in unserer Stadt allen Menschen zunehmend klar wird, dass es kein “weiter so” geben kann, liegt uns nun dieser Haushalt 23/24 vor. Geprägt ist er von diesem “weiter so”. Auf steigende Zinsen und hohe Bau- und Energiekosten, antworten wir in diesem Haushalt mit verschwenderischen Mittelverwendungen für unseren modernen Luxus-Stadtteil “Hafen-Ost”. Den 20.000 Kfz-Pendlern unserer Stadt, sowie unseren Freunden aus Dänemark und unserem Einzelhandel antworten wir in diesem Haushalt mit Investitionen in Straßenschließungen, Rückbau von Parkplätzen und Radwegplanungen auf der für unsere Stadt so viel wichtiger werdenden Bahninfrastruktur für unsere Innenstadt. 

WIR in Flensburg wünschen uns eine innovative Stadt.
 

Die WiF möchte Mittel einsetzen, um ein krisenfestes Flensburg aufzubauen. WIR in Flensburg sollten alles dafür tun ein tatsächlich suffizient handelndes Flensburg für unsere Einwohner*innen zu schaffen. Innovativ wäre es, unsere Haushaltsmittel sehr viel intensiver für die konzentrierte und nachhaltige Digitalisierung und Modernisierung unserer Verwaltungsprozesse und unserer Bildungseinrichtungen einzusetzen. Innovativ wäre es auf kleinteilige, touristische Übernachtungsangebote zu setzen, die unsere Innenstadt beleben und die so wichtigen sozialen Begegnungen ermöglichen. Innovativ wäre es, mittels konsequentem Aufbau von “Smart City”-Lösungen den motorbetriebenen Individualverkehr freiwillig reduziert zu bekommen. In dem wir attraktive ÖPNV- und Mobilitätsangebote intelligent derart miteinander kombinieren, dass es mehr Lebensqualität bringt, auf das eigene Auto zu verzichten. Eine krisenfeste Stadt, fördert den Mittelstand und damit einhergehende kleine und mittlere Unternehmensgrößen, um Arbeitsplätze vor Ort zu steuern und zu halten. Krisenfest ist unser Flensburg, wenn es uns heute gelingt, einen Wirtschaftshafen für die Zukunft unserer Stadt zu erhalten. Welche Möglichkeiten der Rohstoff- und Güteranlieferung ergeben sich zukünftig mit wasserstoffbetriebenen, autonom und dadurch sehr günstig fahrenden Schiffen?

Krisenfest ist unser Flensburg, wenn wir mittels sehr viel höheren Investitionen in Kultur, Bildung und der Einrichtung attraktiver Begegnungsräume einen starken und selbstbewussten Gesellschaftszusammenhalt erzielen. Wenn es wirklich allen Flensburger*innen gut geht, steigt die Bereitschaft, selbst in der Krise, aufeinander zuzugehen und gute Lösungen zu finden. Suffizient wäre es, vorhandene Gebäude und Strukturen zu nutzen und zu recyclen. Im Hafen-Ost wäre es weniger das Ziel für Millionen kostbarer städtischer Gelder maximalen Wohnraum in frischen Beton zu gießen. Vielmehr wäre es angebracht, passgenau entsprechend der Einwohner*innenentwicklung zu bauen - wie es namhafte Wohnungsbaugesellschaften der Stadt empfehlen. Wir könnten minimal versiegeln und einen grünen, wassergeprägten Lebensraum für Flensburger*innen, Touristen und Gäste schaffen, der zudem CO2 bindet. 

Suffizient wäre es für uns alle, das Dogma der “zwingend wachsenden Stadt” zu beenden. Wie wollen wir von unseren Einwohner*innen ein suffizientes Verhalten erwarten, solange wir politisch dem entgegenlaufende Millionenausgaben in unseren Haushalten verankern. Suffizient wäre es, unser Flensburg langfristig auf eine Selbstversorgung in jedweder Hinsicht auszurichten. In einer zunehmend volatilen Welt, wird es uns ansonsten zunehmend schwerer fallen, die Geschicke unserer Stadt selbst zu managen und im Griff zu behalten. In unserem Haushalt finden WIR in Flensburg keine Investitionen, die diesen klar erkennbaren Veränderungen Rechnung trägt. 


Ja, der Haushalt 2023/24 ist ein anderer als der Haushalt 2022 und seiner Vorgänger. Und doch spiegelt er an keiner Stelle die dramatischen, weltweit erkennbaren Veränderungen wider, denen auch wir unterliegen. Wer diesem Haushalt zustimmt, stimmt einem “weiter so” zu, wenngleich doch alle hier im Saal und vor den Bildschirmen wissen, dass es ein “weiter so” in den nächsten Jahren nicht geben wird und geben kann. Uns in der WiF-Ratsraktion ist dies sehr bewusst. WIR in Flensburg werden alle die Veränderungen in den nächsten Jahren schon erleben, auf die auch dieser Haushalt 23/24 keineswegs ausreichend ausgerichtet ist. Angebracht wäre es gewesen, schon 2022 inne zu halten und bei vielen unserer bislang mehrheitlich getragenen Projekte ein Umdenken zu erzielen. Wir werden beim nächsten Haushalt hierfür hoffentlich die wegweisenden Veränderungen vorfinden, sobald sich die politischen Mehrheiten im Rat im Mai verändert haben werden. 

Bis dahin wird die WiF Ratsfraktion WIR in Flensburg ebenso, wie die vorangegangenen Haushalte, weiterhin ablehnen.


Andreas Rothgaenger

WIR in Flensburg Ratsfraktion (WiF)

Fraktionsvorsitzender